Montag, 14. Oktober 2013

Rezension - Mein Name ist Rot / Orhan Pamuk

Kurz: Ich liiiiebe dieses Buch. Es ist eine Mischung aus Krimi, historischer Roman und Liebesgeschichte. Es spielt im osmanischen Reich des 16. Jahrhunderts. 




Worum es geht? Hier kurz zum Inhalt, das sagt der Klappentext:

"Im osmanischen Reich tobt 1591 der Bilderstreit, dass Land ist zerissen zwischen Tradition und Moderne. Da wird bei der Arbeit an einem prunkvollen Bildband der Vergolder ermordet. Eins ist klar: Der Mörder befindet sich unter den Künstlern und sein Stil wird in verraten...
spannender Krimi und leidenschaftliche Liebesgeschichte."

Das Buch ist in viele kleine Kapitel von nur einigen Seiten unterteilt, es wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Beispielsweise aus der Sichtweise des Getöteteten, aus Sichtweise eines Hundes, aus der Sicht einer Münze, aus der Sicht des Mörders usw. 
Hier eine kleine Kostprobe:

Ich bin tot


"Ein Toter bin ich nun, eine Leiche auf dem Grund eines Brunnens. Schon längst tat ich meinen letzten Atemzug, schlug mein Herz ein letztes Mal, doch niemand weiß, was mir geschah, nur mein ruchloser Mörder. Der aber, widerlicher Schuft, hat auf meinen Atem gehorcht und meinen Puls gefühlt."


Sie werden mich Mörder nennen

"Nur allzu gern hätte ich diese unerwartete abscheuliche Angelegenheit gemeistert, ohne einen Menschen zu morden, doch mir wurde sogleich klar, dass es keinen Ausweg gab. So habe ich an Ort und Stelle erledigt, was zu tun war, ... Dennoch ist es schwer, sich daran zu gewöhnen ein Mörder zu sein." 

"Wir sind's, die Sagen, die alten Sitten sollen bleiben in der Buchmalerwerkstatt der Weg der persischen Meister solle weiter begangen werden und man solle nicht für Geld ein jedes Thema illustrieren. Wir sagen, anstelle der Waffen, Heere, Gefangenen und Eroberungen müssen die alten legenden, Erzählungen in unsere Bücher eingehen, man darf den alten Formen nicht entsagen, und die wahren Illustratoren dürfen nicht auf den Marktständen für jeden dahergelaufenen, der ein paar Kurusch gibt, jede Art von Bild und schlechte Dinge malen."

Die Münze


"Gut ich gestehe es, ich bin kein echtes Goldstück des Sultans der Osmanen von zweiundzwanzig Karat aus der münzanstalt am Cermbelitas, sondern eine falsche Münze. Man hat mich in Venedig aus geringerem Gold gefertigt, hierhergebracht und als osmanische Goldmünze in Umlauf gesetzt."

Das Buch ist bis zum Schluß spannend, der Kreis der möglichen Mörder grenzt sich zwar immer weiter ein, trotzdem war mir fast bis zum Schluß nicht klar wer konkret der Mörder ist. Der Autor versteht es wunderbar verschiedene Handlungsstränge ineinander und miteinander zu verweben, ohne zuviel zu verraten. Gleichzeitig ist in die Handlung um den Mord an einem Vergolder eine Liebesgeschichte mit verwoben, und natürlich geht um die Kunst. Es wird sehr viel über den Stil in der Kunst gesprochen. Und man erfährt natürlich aus sehr viel über die Arbeit der Künstler.

HIer eine Kostprobe zu diesem Thema, aus dem Gebiet der Kunst. Die Farbe ROT spricht:

Die Farbe Rot

"Farbe ist die Berührung des AUGES, die Musik der Taubstummen, ein Wort in der Dunkelheit. meine Berührung würde ich sagen, gleicht der Berührung der Engel, da ich seit zehntausenden von jahren dem Raunen der Geister von Buch zu Buch, von einem Gegenstand zum anderen wie dem Sausen des Windes gelauscht habe. Ein Teil von mir spricht hier zu euren Augen, das ist meine schwere Seite. Ein Teil von mir wird durch eure Blicke beflügelt, das ist meine leichte Seite.


Seid still und hört zu wie ich ein so wunderbares Rot geworden bin. Ein Altmeister der sich auf Faben gut verstand, zerstiss höchst eigenhändig den rötesten der getrockneten Käfer aus der heißesten Gegend Indiens in einem Mörser zu feistem Pulver und wog fünf Dirhem davon und ein Dirhem Seifenwurz und ein halbes Dirhem Lotuswurz ab. Dann tat er drei Okka Wasser in einen Kessel, warf den Seifenwurz hinein und kochte ihn. ... Oh, wie schön es war, Rot zu sein!"

Stil gilt im alten osmanischen Reich wohl nicht als etwas positives. Dennoch verrät der Stil eines Künstlers ihn. Hier spricht Kara über den Stil in der Kunst und wie er seiner Meinung nach entsteht.

Kara über Stil


"Er lehrte mich, dass der Stil keine Sache ist, die der Illustrator gewollt annimmt, sondern das dieser heimlicher Fehler durch die Vergangenheit und die vergessenen Erinnerungen des Illustrators bestimmt wird. Er wies mich auch darauf hin, dass diese heimlichen Fehler, Schwächen und Blößen, für die wir uns einst schämten, die wir zu verbergen suchten, damit man uns nicht von den alten Meistern trennte, von nun an als "persönliches Merkmal", als "Stil" gelten und lobend hervorgehoben werden, weil sich die Methoden der fränkischen Meister in der ganzen Welt verbreitet haben."

Auch das Darstellen von Menschen, die lebensecht aussehen oder die sich poträtieren lassen, wie es in Europa üblich ist, stösst im osmanischen Reich wohl nicht immer auf Freunde:

"... sie setzen ihre Figuren in die Mitte des Gemäldes ein und hängen sie wie Götzenbillder, zum Verehren an die Wand, als sei der Mensch ein Wesen, vor dem man sich beugen müsse. Ist der Mensch ein so bedeutendes Geschöpf, dass man sogar seinen Schatten in allen Einzelheiten malen muss?"


Insgesamt finde ich das Buch wunderbar, eines der schönsten Geschichten, die ich in letzter Zeit gelesen habe. Es könnte aber für diejenigen, die sich überhaupt nicht für das philosophieren über Kunst interessieren, an manchen Stellen weniger interessant sein.

Von mir erhält das Buch jedenfalls ein 


Meine Bewertung
A +




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